Rechtzeitig Kommen

Es ist soweit. Das fortschreitende salt'n peppa Muster meiner Brustbehaarung hat eigentlich bereits eine klare Sprache gesprochen. Spätestens tat dies dann aber das zeitweise Ausbleiben der Spontanerektion auf dem Weg zu den Wiener Rosenhügelstudios mit meiner Lieblingsbuslinie. Dort, wo ehemals zahlreiche Schlaglöcher nicht nur die Stossdämpfer in Wallung gebracht hatten. Ich habe dieses bestimmte Alter erreicht. Wenn man unter Umständen in der Nacht mal Wasser lassen muss. Wenn man einen Rausch tatsächlich ausschlafen muss und nicht gleich am nächsten Morgen zum Basketballspielen gehen kann. Und man zum ersten Mal zum Urologen geht. "Vorsorgeuntersuchung".

 

Ich gehe zwar nicht häufig zum Arzt, allerdings eher aus Bequemlichkeit als dass es mir unangenehm wäre. Wurzelbehandlung beim Zahnarzt? Kein Problem, solange die Lokalanästhesie sitzt. Zwei Schwestern, die im Olympiabob als Anschieber gute Figur machen würden, als sie mir beim Chiropraktiker den Rücken einrenken? Ein Segen. Nicht so der Besuch beim Urologen. Mir war gar nicht bewusst, dass ich untenrum so viele Teile habe die einer Untersuchung bedürfen. Ich erspare unangenehme Details über Natur und Ausmass dieser Prozedur. Nur soviel sei hier gesagt: es genügt offensichtlich nicht, die Prostata rein äusserlich per Ultraschall zu untersuchen. Noch immer habe ich das Schnalzen der Latexhandschuhe im Ohr.


Einen Punkt will ich aber dann doch noch etwas näher erläutern. Es werden dem Körper insgesamt drei Arten von Flüssigkeit entnommen, und Spucke ist da nicht dabei. Blut und Urin sind ja noch relativ leicht in Spontanproduktion beizukommen. Andere Ergüsse bedürfen da schon etwas mehr Ruhe und Intimität. Aus diesem Grund erhält man auch einen Becher mit, den man brav befüllt beim nächsten Mal mitbringen soll. Da steht auch gross mit schwarzem Filzstift der Name drauf und gleich daneben noch grösser das Wort: "Sperma". Schön. Nicht dass man die glibberige Masse leicht verwechseln könnte, aber sicher ist sicher. 

 

So weit ist ja noch alles im Rahmen. Den guten Becher kann man schliesslich mit nach Hause nehmen und es sich auf dem Sofa oder Bett gemütlich machen, ja vielleicht sogar Fremdhilfe einholen. Zu letzterem sei allerdings gesagt, dass ich die Grösse des Bechers auf rund 250ml schätzen würde. Falls man also nicht die Schwimmerproduktion eines pubertierenden Elefantenbullens besitzt, könnte das Ergebnis, das letztendlich im Becher landet, im Verhältnis zur Bechergrösse schnell zu Erklärungsnotstand und Komplexen führen. Dies stellt sich letzten Endes aber als geringeres Problem heraus. Denn besonders nachdrücklich verlangte der liebe Doktor, das Ejakulat solle bitte "tagesfrisch" sein. Da man selten am Wochenende zum Urologen geht, bedeutet dies zwangsweise, entweder gleich nach dem Aufstehen die gute Tat zu verrichten, oder, wie in meinem Fall, dafür im Büro zu sorgen.  

 

Ich bin ein sehr beschäftigter Mensch. Wenn im Kalender eine Lücke auftaucht wird diese meistens sofort gefüllt. Gleichzeitig bedarf es für besagten Akt etwas Ruhe und Vorbereitung. Schwierig genug, diesen leeren und anschliessend gefüllten Becher unauffällig durchs Büro zum und vom stillen Örtchen zu schleusen. Ohne ein kleines Fenster in meinem Terminkalender, um dieser delikaten Tätigkeit, noch dazu an solch sterilem Ort, nachgehen zu können, ist sie von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und hier stellt sich die entscheidende Frage: Wie soll sich bitte der entsprechende Kalendereintrag nennen?!

 

Hier kam ich nun wirklich ins Grübeln. Ein privater, nicht einsehbarer Eintrag wäre verdächtig, wenn ich ihn zum grössten Teil im Büro, und dort wiederum auf der Toilette verbrächte. Gleiches für die offiziellen Eintragsideen "Eltern anrufen", "Aufräumen" und "Mitarbeitergespräch". All dies könnte fürchterlich missverstanden werden, in vielerlei Hinsicht. 

 

Letzten Endes entschied ich mich, den Eintrag meines Arztbesuches einfach um eine halbe Stunde nach vorne zu erweitern. Und als kleine Fussnote vermerkte ich noch: "Rechtzeitig Kommen". 

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