Nachtfahrt

Der Drang, alles hinter sich zu lassen. Ein Gefühl, als ob Du angekommen bist bevor Du überhaupt losfährst.

 

Du lässt Dich fallen in den Schalensitz, so hart, so unnachgiebig. Heute schmiegt er sich an Dich wie ein Massanzug. Die Luft lechzt nach verbranntem Gummi. Du fügst Dich ihrem Wunsch und startest die Maschine. Die Schranke im Gehirn entsichert, die Rakete kann gelauncht werden. Sie stürmt vorwärts und schluckt nass dampfenden Asphalt der das Stadtlicht bricht. Gierig umschlingt Deine Hand das Lenkrad. Dein Fuss streichelt das Gaspedal, zunächst zärtlich und dann immer fordernder, verschmilzt mit ihm in lustvoller Freude.

 

Knallroter Lippenstift, platinblond zu Fleisch geworden auf dem Beifahrersitz. Andächtig wohnt sie dem Schauspiel bei. Sie respektiert Deinen archaischen Akt, spürt dass Du ihn ernst meinst. Heute Nacht bist Du ihr Zeremonienmeister. Depeche Mode dröhnt aus den Boxen, was sonst. Ein Königreich für eine Zigarette. Schlachtszenen die sich vor Deinem inneren Auge abspielen, bei denen Du siegreich bleibst. Und unbewusst packt Deine Hand die Schenkel an Deiner Seite. Sie öffnen sich leicht, Erlösung versprechend.

 

Generationen an Sozialisierung, weggewischt. Du willst verdammt noch mal im Stehen pinkeln. Dein Schalter auf rot, der Kopf mit Super Plus betankt. Sehnsüchte, regelmässig am Altar Deines Gewissens verbrannt, sie gewinnen langsam Oberhand. Der kleine Teufel sitzt im Ohr und trommelt seinen Rhythmus, Äonen alt. Er hat sich nicht verändert. Du hast Dich nicht verändert. Nichts hat sich verändert. Du glühst durch die Strassen und willst nicht ankommen. Diese Rastlosigkeit, sie hält Deine Drehzahl hoch. Ein wohliges Ziehen bis hinab in Deine Lenden. Es gibt nur das heute, es gibt nur diese Nacht. Nur Dich, die Maschine, und die nicht enden wollenden Beine neben Dir.

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